Japanische Charaktere: Geishas, Ninja und Gaijin - DER SPIEGEL

2022-12-21 16:53:20 By : Ms. Kathy Huang

Die japanische Gesellschaft steckt voller Spezialwörter für bestimmte Typen von Menschen, sagt Peter Machat. Und gestaltete daraus das Postkartenset "51 Japanese Characters". Zum Beispiel den Charakter Jukensei: Er möchte auf die beste Universität Japans. Die Aufnahmeprüfung wird unglaublich hart sein, aber er ist sicher, dass er es schaffen kann, wenn er nur hart genug dafür arbeitet. Er lernt Tag und Nacht - er gibt sein Bestes und wird nicht aufgeben. Er möchte, dass seine Eltern stolz auf ihn sind. "Hisshou" heißt "Du wirst und musst gewinnen" und ist seine Parole.

Auf die Idee kam Peter Machat bei seinem Auslandsaufenthalt an einer japanischen Universität - er nahm die Charaktere und für westliche Besucher sonderbare Kulturphänomene in Japan (mehr...) näher unter die Lupe. Cosplay: Sie liebt Anime und Manga. Jeden Sonntag verkleidet sie sich als ihre Lieblingsanimefigur und trifft sich mit anderen Cosplayern in Harajuku und dem Yoyogi-Park. Sie mag es, wenn man sie fotografiert, und freut sich, wenn sie ein Foto von sich in einem ihrer geliebten Cosplay Magazines findet. Ihr größter Traum ist es, eine der großen Cosplayerinnen der wachsenden internationalen Szene zu werden.

Als Austauschstudent der Weimarer Bauhaus-Universität sammelte Machat Charaktere, Stereotypen und japanische Bräuche - ein spielerischer Einblick in Kultur und Gesellschaft des Landes. Chikan: Er begrapscht gerne junge Frauen in der überfüllten Tokioter U-Bahn – am liebsten während der Stoßzeit, wenn es so voll ist, dass niemand etwas davon mitbekommt. Seine Kamera hat er immer dabei, stets bereit, ein paar voyeuristische Fotos zu machen. Wegen Typen wie ihm haben einigen japanische Verkehrsbetriebe Waggons, die nur von Frauen benutzt werden dürfen und mit einem pinken Aufkleber markiert sind.

Zunächst plante Peter Machat, die Charaktere nicht nur als Postkartenbuch, sondern auch als kleine Vinyl-Figuren herzustellen. Bisher hat das nicht geklappt, er hofft aber auf eine Zusammenarbeit mit einer Spielzeugfirma. Bosozoku: Er ist Mitglied einer Jugend-Motorrad-Gang. Er schraubt gerne an seinem Motorrad herum und trifft sich jedes Wochenende mit seiner Gang zu einem Shinai Boso, einer illegalen Hochgeschwindigkeitsrallye durch die Straßen Tokios, organisiert vom Sento Sha, dem Bandenboss, den keiner überholen darf. Er ist ein harter Kerl und hofft, eines Tages ein Yakuza-Mitglied zu werden.

Vom Postkartenset hat der Weimarer Student erst einmal 500 Exemplare produziert, außerdem Poster. Nähere Infos gibt es unter www.51japanesecharacters.com  . Ekiin: Tokios U-Bahnsystem gehört zu den betriebsamsten der Welt. Zur Stoßzeit kann es so voll werden, dass seine Hilfe nötig ist, um den Zustrom der Passagiere zu regeln. Wenn der Zug so voll ist, dass niemand mehr ein- oder aussteigen kann, drückt er die in den Türen stehenden Fahrgäste in den Wagen hinein, damit sich die Türen schließen können. Du triffst ihn in der Stoßzeit der Tokioter U-Bahn.

Inwzischen gibt es zu Peter Machats Projekt auch eine Application fürs iPhone, man findet sie im App-Store unter "51 japanese characters" - ein hübsches Spielzeug fürs Handy und zum Start kostenlos. Geisha: Sie ist die klassische japanische Unterhaltungsdame. Sie ist eine Meisterin der traditionellen japanischen Künste wie der Musik, besonders des Spielens des Shamisen, des Tanzes, des Gesangs und der traditionellen Tee-Zeremonie. Obwohl es im alten Japan unter den Geishas Fälle von Prostitution gegeben haben mag – sie ist mit Sicherheit keine Prostituierte.

Gaijin: Gaijin heißt "Mensch von draußen" oder "Außenseiter" und wird für Ausländer oder Nicht-Japaner verwendet. In Japan, einer der homogensten Gesellschaften der Welt, fällt er sofort auf. Für Japaner ist er meist verdächtig und interessant zugleich. Egal, wie sehr er sich bemüht oder wie lange er schon in Japan lebt, er wird immer ein Gaijin bleiben.

Hikigatari: Er liebt Musik und möchte ein berühmter Musiker werden. Er ist der klassische Straßenmusikant – er spielt, wann und wo immer er kann, für ein paar Yen oder umsonst. Sonntags spielt er manchmal mit seiner Band auf einer der Bühnen, die für Musiker wie ihn in der Stadt errichtet werden. So kann er viele Menschen mit seiner Musik erreichen – und vielleicht ist ja auch mal ein Talentsucher dabei.

Ninja: Er ist eine Art Geheimagent, Eliteeinheit und Spion. Ausgebildet in Ninjutsu, kann er sich extrem leise und unbemerkt fortbewegen, Wände und Dächer hinaufklettern sowie sich tarnen und verstecken. Ausgerüstet mit allen möglichen Spezialwaffen, Schießpulver, Gift, Rauchbomben, Feuerwerk und speziellen Kampftechniken, kann er selbst gegen schwer bewaffnete Gegner bestehen.

Inemuri: Er kann einfach nichts dagegen tun – wenn er in der U-Bahn sitzt, schläft er einfach ein. Manchmal schläft er sogar in Cafés, den Kopf auf dem Tisch liegend. Zum Glück haben die meisten Stationen von Tokios Yamanote-U-Bahnlinie ihre eigene Erkennungsmelodie, so weiß er immer, wann er aussteigen muss. Du wirst ihm überall in Japan begegnen.

Kawaii: Sie liebt niedliche Sachen. Sie ist verrückt nach Hello Kitty und kleinen, süßen Figuren. Du findest sie in Harajuku auf der Suche nach neuen Accessoires und hörst ihre "kawaiiiii" Ausrufe, wenn sie etwas Neues entdeckt, das ihr gefällt. Ihre Tasche, ihr T-Shirt, ihr Portemonnaie – all ihre Sachen sind mit süßen Bildchen bedruckt. Ihre Lieblingsfarbe ist Pink.

Irasshaimase: Er heißt dich mit einem lauten und freundlichen "irasshaimase" in Geschäften, Restaurants oder Cafés willkommen. Es ist für ihn sehr wichtig, jeden einzelnen Kunden zu begrüßen – es ist ein Zeichen von gutem Service. Er trägt eine Menge Verantwortung. Sollte seine Begrüßung nicht freundlich genug sein, könnten einige Kunden einem anderen Lokal den Vorzug geben.

Kaze: Er ist erkältet. Natürlich möchte er niemanden anstecken – also trägt er in der Öffentlichkeit und im Büro einen Mundschutz. Für ihn ist es äußerst unhygienisch und völlig unverständlich, dass ein Kranker ungeschützt und ohne Maske herumlaufen kann. Besonders zur Winterzeit trifft man auf den Straßen Japans auf viele "Maskierte" wie ihn.

Loose Socks: Loose Socks sind ein Modetrend unter Schülerinnen wie ihr. Am liebsten trägt sie ihre zusammen mit ihrer Schuluniform. Da dies in ihrer Schule jedoch verboten ist, zieht sie sich zum Betreten des Schulgeländes kurz um und trägt sie dann erst nach der Schule wieder. Ihre "losen Socken", die meist weiß und ziemlich lang sind, werden unter dem Knie getragen und mit einem speziellen Kleber, genannt "sock touch", dort befestigt.

Obatarian: Sie ist stets freundlich und höflich gewesen. In die Jahre gekommen, sah sie plötzlich keinen Sinn mehr darin, immer bescheiden zurück zu treten und ließ alle Höflichkeiten fallen. Sie ist dafür bekannt, sich in Busse und Bahnen reinzudrängeln, Verkäufer zu terrorisieren und immer zu ihrem Recht zu kommen, koste es was es wolle. Man sieht sie meist gemeinsam mit ihren Obatarian-Freundinnen, als Gruppe reisend.

Okama: Er fühlt sich wie eine Frau in einem Männerkörper. Er arbeitet als Travestiehostess in einer Okama Bar in Shinjuku, einem Vergnügungsviertel Tokios. Er schminkt und kleidet sich so sorgfältig, dass einige Kunden ihn sogar für eine normale Frau halten. Er mag es, wenn man ihn bei seinem Frauennamen nennt und möchte wie eine normale Frau behandelt werden.

Otaku: Er ist ein Nerd – besessen von der Idee, alles zu einem bestimmten Thema zu sammeln und möglichst alles darüber zu wissen. Er spielt gerne Computerspiele und liest gerne Mangas, er ist ein Spezialist auf seinem Gebiet und chattet gerne mit anderen Otakus aus der Otaku Szene. Fast jede Szene und jedes Thema hat seine Otakus: Comic-Otakus, Fan-Otakus, Internet-Otakus usw.

Oyaji: Er ist der klassische strenge und altmodische Vater. Er erwartet von seinen Kindern Respekt und dass sie ihr Bestes geben, um ihre Ziele zu erreichen. Als er jung war, war er weit erfolgreicher als seine Kinder, trug keine seltsamen Moden und ging nicht auf Partys oder in Bars. Er hat immer sein Bestes gegeben und erwartet mindestens das Gleiche von anderen.

Samurai: Er ist ein kompletter Krieger. Loyalität, Ehre und Gehorsam sind seine Ideale. Er ist gebildet, schreibt Gedichte und glaubt an die Ideale des Zen. Sein Leben lang strebt er nach der Perfektion seiner Fähigkeiten im Schwert-, Bogen-, Speer- und unbewaffnetem Kampf. Er hat keine Angst vor dem Tod und widmet sein Leben seinem Führer – er folgt ihm in Triumph oder Tod. Er trägt eine schwere Samurai-Kampfrüstung.

Seppuku: Sein gesamtes Leben war er seinem Herrn treu ergeben. Als er seine Ehre verlor, gab es nur eine Möglichkeit sie wieder herzustellen – Seppuku, Harakiri. Es ist die traditionelle japanische Art des "ehrenhaften Selbstmordes". Viele Japaner vor ihm praktizierten bereits Harakiri, um nicht in Gefangenschaft zu geraten, als privilegierte Alternative zur Exekution, zur Wiederherstellung der Ehre oder aus Loyalität zu einem verstorbenen Meister.

Soap-Jo: Sie ist eine Masseurin und arbeitet in einem Soapland. Sie zieht sich aus, seift ihren Körper ein und benutzt ihn anschließend als lebendigen Schwamm an einem auf einer Luftmatratze liegenden, männlichen Kunden. Möchte der Kunde mehr, muss er mehr zahlen. Soaplands hießen ursprünglich Türkische Bäder und wurden aufgrund von Protesten in Japan lebender Türken in Soaplands umgetauft.

Sumo: Er ist ein Rikishi, ein Sumoringer, bekleidet nur mit einem Mawashi, einem Gürtel aus Seide. Sumo ist eine alte japanische Ringsportart, die stark mit dem Shintoismus verknüpft ist und selbst heute noch von zahlreichen Shinto-Ritualen begleitet wird. Um einen Sumokampf zu gewinnen, muss man seinen Gegner dazu bringen, den Boden mit einem Körperteil außer seiner Fußsohlen oder den Boden außerhalb des Ringes zu berühren.

Yobikomi: Kundenservice wird in Japan groß geschrieben, und wer neue Kunden werben möchte, der muss sich auch um sie bemühen. Er ist der klassische Promoter – er steht mit Angebotsschildern behangen vor einem Geschäft, macht mit seiner Flüstertüte Werbung und versucht die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zu ziehen.

Yakuza: Der Name Yakuza ist Slang für die Zahlen 8-9-3, welche in einem japanischen Kartenspiel, ähnlich wie Black Jack, das schlechteste Blatt sind. Die Yakuza ist eine Art japanische Mafia, die im Glücksspiel, Unterhaltungs-, Prostitutions- und Drogengeschäft tätig ist. Seit die Yakuza verboten wurde, sind ihre sichtbaren Erkennungszeichen wie die traditionellen Tätowierungen (als Zeichen der Stärke) fast völlig verschwunden.